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Anton Sepp

So ungewöhnlich, wie sein Leben, ist schon sein Name. Oft wird er mit einem seiner drei Namenszusätze "von Seppenburg", "von Rainegg" oder "von Rechegg" erwähnt. In Paraguay heißt er schlicht und einfach "Padre Antonio Sepp". Der spätere Jesuit Anton Sepp wurde wahrscheinlich am 21. November 1655 in Kaltern in Südtirol geboren. Getauft wurde er am 22. November 1655 in Kaltern und man geht davon aus, daß er einen Tag zuvor im Ansitz Salegg geboren wurde. Sein Todestag ist eindeutiger bekannt, er starb am 13. Januar 1733 in der Jesuitenreduktion San José im heute argentinischen Misiones. Dazwischen liegt ein erfülltes und sehr bewegtes Leben. Begonnen als Wiener Sängerknabe, lernte er Orgelbau, ließ sich zum Priester weihen und ging nach Paraquarien. Er leitete drei Reduktionen, baute eine davon selbst auf und gilt noch heute in Brasilien als Begründer der Eisenindustrie. Kaum zu glauben, daß es sich dabei um ein und denselben Mann handeln soll.

Seine Kindheit verlief anfangs recht unspektakulär. Seine Eltern waren der Bürgerliche Johann Baptist Sepp und Eva Leis aus dem Kleinadel. Bis die Familie in das Nachbardorf Eppan übersiedelte, wohnte er in seinem Geburtsort. Schon ab 1665, also mit 10 Jahren, begann aber Anton Sepp als Hofsängerknabe in Wien und ab 1667 besuchte er für 7 Jahre das Innsbrucker Jesuitengymnasium, wo er intensiv mit dem Orden in Kontakt kam. Direkt im Anschluß daran trat er in Landsberg am Lech in den Jesuitenorden ein und legte nach 2 Jahren im Jahr 1676 die Gelübte ab. 3 Jahre studierte er in Ingolstadt Philosophie, nahm für 4 Jahre Lehrtätigkeit in Landsberg, Solothurn und Luzern auf und absolvierte danach das 4jährige Theologiestudium. In Augsburg wurde Anton Sepp im Jahr 1687 zum Priester geweiht und absolvierte in Altötting sein drittes Probejahr.

Anton Sepp war musikalisch sehr interessiert und begabt und spielte viele Instrumente, auch zum Orgelbauer ließ er sich ausbilden. Darüber hinaus schrieb er schon als Student erfolgreich Theaterstücke.

Einen Wunsch hatte er allerdings schon sehr früh, er wollte missionieren und sah dies als seine Berufung an. Nachdem er die Erlaubnis hierzu 1689 offiziell erhielt, begann sein Lebenswerk. Einfach war es allerdings von nun an fast nie mehr. Schon auf der kurzen Reise von Südtirol, wo er sich von seiner Familie für immer verabschiedete, nach Genua wurde er zweimal von Straßenräubern überfallen. Im Gepäck hatte er ein Schreiben, daß ihm Unterkunft und Verpflegung bei den örtlichen Pfarren sicherte und von seinen Eltern ein paar Goldtaler in den Schuhen versteckt. Genua erreichte er allerdings ohne Gepäck, Kleidung und Schuhe. Die Fahrt nach Cadiz in Spanien verlief einigermaßen ruhig, allerdings mußte er lange auf eine Passage nach Südamerika warten.

Den 16-monatigen Aufenthalt in einem jesuitischen Ordenshaus in Spanien nutzte er nicht nur, um die kastilische Sprache zu erlernen. Es wurden hier auch die verschiedensten Fertigkeiten gelehrt, die man in der "Wildnis" benötigte. Die Überfahrten nach Südamerika waren selten und sehr teuer, diese Kosten mußten von den Jesuiten übernommen werden. Eine Fahrt im Zwischendeck (billigste Variante) kostete den Gegenwert von 50 Milchkühen! Am 17. Januar 1691 konnte er zusammen mit seinem Freund und Ordensbruder Anton Adam Böhm mit der "Almirante" und zwei weiteren Schiffen in See stechen. Die Missionare erwarteten 70-80 Tage Fahrt zwischen Hühnern, Schweinen, Ziegen, Schafen, Kühen und anderen Tieren und Proviant auf dem untersten Deck - der Gestank muß grauenvoll gewesen sein. Tatsächlich dauerte die Fahrt ganze 19 Wochen, bis endlich die Stadt Buenos Aires mit damals nur etwas über 2.000 Einwohnern erreicht wurde. Im Gepäck hatte er neben mehreren Musikinstrumenten auch eine Kopie des Gnadenbildes von Altötting, die er überall hin mitnahm.

Jesuitenreduktion Sao Miguel

Nach einem recht kurzen Aufenthalt in Buenos Aires ging es für die beiden Freunde auf die "schönsten und besten Exerzitien ihres Lebens", die Floßfahrt auf dem Rio Uruguay. Auf einem gigantischen Floß mit 100 Indio-Schiffern hatten die Patres eigene Bambushütten, in die sie sich zurückziehen konnten. Auf dieser Floßfahrt hatte Pater Anton auch ein Erlebnis, welches ihn nie wieder losgelassen hat. In einer freundlichen Siedlung am Fluß entdeckte er einen Halbwaisen und bot an, ihn mitzunehmen und zu erziehen. Schlagartig schwang die freundliche Stimmung in Ablehnung um und die Floßbesatzung mußte schleunigst weiter fahren. Dieses Erlebnis war für Anton Sepp der Schlüssel zum Verständnis der Indios. Nie wieder hat er in seinem Leben einen solch schweren Fehler begangen.

Genau nach einem Monat Floßfahrt erreichten die Missionare die Reduktion "Heilige drei Könige" oder auch Yapeyú (heute in Argentinien an der brasilianischen Grenze), benannt nach der Landschaft und dem dort lebenden Guaraní-Stamm. Der Empfang des neuen "Vaters" wäre eines Kaisers würdig gewesen. Glocken läuteten, die Musikkapelle spielte und alle hatten sich am Fluß versammelt und geleiteten Anton Sepp und ihren bisherigen "Vater" Isidor, sowie Anton Böhm in ihre Stadt.

Nach drei Jahren, am Pfingstfest, dem 03. Juni, kam der Befehl des Paters Superior für die weiteren Aufgaben der drei Patres. Pater Isidor und Anton Böhm wurden in andere Reduktionen beordert, Pater Anton Sepp übernahm Yapeyú. Durch sein Tagebuch wissen wir heute sehr viel über das Leben in den Reduktionen und das Verhältnis zwischen den Patres und den Indios, die Schlußfolgerungen daraus haben wir in dem Beitrag über den sog. Jesuitenstaat bzw. die Guaraní-Republik erläutert. In Yapeyú lernte Pater Anton Sepp die Sprache der Guaraní perfekt und auch ihre Denk- und Lebensweise. Er lehrte mit unendlicher Geduld unzählige Fertigkeiten und begeisterte sich und die Indios durch die Musik. Seine Traum war eine Orgel. Er mußte allerdings eine herbe Enttäuschung verkraften, denn eine aus Europa importierte Orgel war nicht nur extrem teuer angeboten worden, sondern auch noch verkauft, ehe er etwas dovon erfuhr. Aber es wäre nicht Anton Sepp gewesen, hätte er nun aufgegeben. Zusammen mit den Nachbarreduktionen baute man eben einfach selbst eine Orgel, denn schließlich hatte er dies ja gelernt. Leider reichte das Metall nicht für die dicken Baßpfeifen, also versuchte man es mit Zedernholz und siehe da, es funktionierte. Die erste Orgel, die in Südamerika hergestellt wurde! Es gab auch schlimme Zeiten, wie z.B. einen Ausbruch der Pest, die er auch in Santa Maria de Fe und auch in San Ignacio Guazú behandelte. Auch die Nachricht vom Tod seines Freundes Anton Böhm schockierte ihn. Er beantragte danach einen Erholungsurlaub in San Xavier.

Ruinen Sao Miguel um 1846

1697 erreichte Anton Sepp der Auftrag, San Miguel (Nahe Santo Ângelo im heutigen Brasilien) zu übernehmen, da diese Reduktion mit über 6.000 Menschen viel zu groß geworden war. Er wählte mit den Kaziken einem Teil der Bevölkerung aus, um die neue Reduktion San Juan Bautista zu gründen. Was sich so einfach anhört, war natürlich gar nicht so leicht. Es mußte ein Platz gefunden werden, der weit genug von anderen Siedlungen entfernt lag, über genügend Wasser und fruchtbares Land verfügte und sicher vor Unwetter und Überfällen war. Es gab keine europäischen Handwerker und Landwirte, daher brachte er den Eingeborenen auch hier die verschiedenen Handwerkskünste bei. Durch einen Zufall entdeckte er Eisenerzvorkommen und ließ die ersten Hochöfen auf heute brasilianischem Terretorium bauen, wobei neben diversen eisernen und stählernen Gebrauchsgegenständen auch Waffen hergestellt wurden, um die Überfälle von Sklavenjägern abwehren zu können. Von Johann Neumann aus der Jesuitenprovinz Wien wurde im Dorf eine Druckerei errichtet, auch hatten einige Guaraní schon das Schreiben und Malen erlernt. Ein Jahr später begann er hier Baumwollsträucher zu kultivieren, um das dringendste Bekleidungsproblem lösen zu können. Auch die Kultivierung von Weizen in tropischen Regionen geht auf sein Konto. Bis in die 1980er Jahre konnte man an seine Erfolge nicht anknüpfen, da die Aufzeichnungen hierüber verloren sind.

Mit dem letzten Brief nach Europa vom 06. Januar 1703 brechen die Aufzeichnungen von Pater Anton Sepp ab. Seine nächsten Schritte sind eher Vermutungen. Im nächsten Einsatzort, La Cruz im heutigen Argentinien blieb er wohl 16 Jahre. Vermutlich hatte er während des spanischen Erbfolgekrieges keine Postverbindung zu seinen europäischen Verwandten und Bekannten. Erst im Jahr 1717 trafen 13 Jesuiten aus der oberdeutschen Provinz ein, der er ebenfalls angehörte. 13 weitere aus der oberdeutschen und österreichischen Provinz kamen 1729. Da Anton Sepp seit vielen Jahren nur Spanisch und Guarani gesprochen hatte, war sein Deutsch zu dieser Zeit schon sehr schwerfällig und holprig.

Um das Jahr 1730 war Pater Anton Superior der Jesuitenprovinz Paraguay und wurde in diesem Jahr mit 75 Jahren nach San José im heutigen Argentinien versetzt, wo er am 13. Januar 1733 verstarb. Er gilt als "deren Paraquarier wahrer Apostel", ihm wurde als Pionier der Eisen- und Stahlindustrie in Santo Angelo im 20. Jahrhundert ein Denkmal gesetzt.

Anton Sepp kehrte nach seiner Abreise niemals wieder in seine Heimat zurück, er starb glücklich inmitten "seiner" Indios. Er hatte den Schlüssel, die beiden Lebensweisen harmonisch miteinander zu vereinen. Wir können auch heute noch viel aus seinem Leben lernen. auch wenn die Voraussetzungen völlig anders sind.

Anton Sepp hat Tagebuch geführt und mehrere Briefe nach Europa geschrieben. Eine Zusammenfassung in modernem Deutsch mit Kommentaren gibt es von Franz Braumann unter dem Titel "3000 Indianer und ein Tiroler".

 

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